(dk) Hier ihr email an uns vom 2.April 2002, viel Spaß beim Lesen!
hola ché,
Von Epuyen ging es dann nach Buenos Aires Chico, einem kleinen Dörfleinchenchenchen
vor El Maiten, was auch nicht viel grösser ist (2000 Einwohner), aber bekannt
ist wegen seiner Dampflokomotive. Wir kamen bei einer sehr armen Familie unter,
ein Bekannter war gerade da und wir fuhren mit ihm ins Dorf, um Lebensmittel
einzukaufen und diese mit ihnen zu teilen. Wir besorgten auch einen Heuballen,
da die 10 Ziegen, der einzige Reichtum der Familie, bereits alles abgegrast
hatten. Irre liebe, aufmerksame Leute, die das wenige was sie haben mit dir
teilen wollen.
Am nächsten Tag, nach einer schrecklichen, stuermischen, regnerischen Nacht im Zelt, kamen wir erst nachmittags weiter, da es auch morgens noch goss wie Hölle. Der Sohnemann bestand darauf uns durchs Dorf zu fuehren, um uns den besten Weg zu zeigen und verabschiedete sich erst am Aussgang von El Maiten, nach 5km Fussmarsch. Von dort war es nicht mehr weit, denn wir wollten zur Estancia El Maiten, die Benetton gehört. Einmal aus Neugierde, aber auch, weil Emile dort vor 17 Jahren ein Maultier gekauft hatte.
Zunächst verstand Vivian, der Manager, gar nicht was ich wollte, da Kaja mit den Pferden am Tor der Estancia wartete. Aber dann lächelte er verschmitzt und suchte am Schluesselbrett. Ich konnte meinen Augen nicht glauben, als er die Tür zu einer Wohnung aufschloss (etwa 90m2), mit Küche, Dusche, 2 Schlafzimmern! Sein Angestellter fuhr mich zurück zum Tor zu Kaja und wir ritten herein, um abzusatteln. Aber mit Warmwasser etc war es noch nicht alles! immer zu fragte er, was wir noch brauchten und liess uns Bettwäsche, Handtuecher, Fleisch, Kartoffeln, Reis und andere Lebensmittel schicken. Abends klopfte er noch mal an und brachte uns eine Flasche Weisswein, auch die Waschmaschine nebenan konnten wir benutzen. Wir kochten uns ein Festmahl, genossen die warme Dusche und den Luxus, nicht mit der Hand zu waschen. Die Pferde hauten sich die Wampe mit dem Gras von Benettons Schafen voll. Vivian sagte, wir koennten solange bleiben wie wir wollten. Ausschlafen, Zelt trocknen, waschen, Schreiben, relaxen, herrlich! Im Auto fuhr er uns dorthin, wo wir die Abkuerzung nach Bariloche nehmen wollten, damit wir schonmal gucken konnten, jeden Abend brachte er uns eine Flasche Wein. Wir lebten wie Königinnen in Argentinien!
Dann wurden morgens die Fohlen (11) mit Brandzeichen versehen.
Mit einem Lasso werden sie geschickt zu Boden geworfen und auf dem Oberschenkel
gebrannt, auf Gamasche und Hintern noch je eine Null fuer das Geburtsjahr 2000.
Als wir uns schliesslich aufrafften, weiterzuziehen, bot Vivian uns noch an, uns
eine Abkuerzung durch das Gut von Benetton zu zeigen. Da es auf dem Weg nach
Bariloche, oben in den Bergen kalt werden wuerde, schenkte er uns beiden noch
Beinlinge aus Ziegenfell. Irre, so verwöhnt zu werden!
Dann ging es weiter durch das Gut bis zum Puesto der Estancia. Ein grosses Stuck
Schaf hinterm Sattel, begleitete er uns und Mittags hielten wir an einem Bach.
Auf dem Feuer war schnell Wasser fuer Maté heissgemacht und während das
Fleisch grillte, tranken wir Maté.
Nun war es nicht mehr weit zum Puesto, aber auf einmal sprang Vivian vom Pferd und rannte wie ein wilder einer Staubwolke hinterher. Ein Piche, dieses kleine Gürteltier, das so lecker schmecken soll. Endlich sollte ich es probieren koennen! Abends im Puesto zeigten uns Agustin und seine Frau, wie man so ein Tierchen zubereitet und am nächsten Tag verkoestigten wir das zarte Fleisch beim Mittagspicknick. Was fuer ein Ostermahl!
Der Weg schlaengelte sich durch die Berge am Fluss entlang, die Sonne knallte, aber es war nicht zu heiss. Langsam färben sich die Blätter gelb, orange und rot. Seltsam zu Ostern im Herbst zu sein. Wir kamen zum Puesto von Miranda, von dem man mir in Bariloche bereits erzählt hatte. Nach einer Nacht im Bauwagen ging es weiter am Fluss entlang in Richtung Norden. Die breite Autoschotterpiste wurde nun zur Pferdespur und Mittags kamen wir an eine Art Almhütte, wo gerade das Fleisch fertig gegrillt war und wir mit den Männern dort das Mittagsessen teilen durften. Der Tag war noch lang, bis zur Quelle des Flusses, ueber den Pass rueber, um auf der anderen Seite einen neuen Fluss zu suchen und diesem zu folgen. Erst um 19 Uhr kamen wir zum Puesto Melliza, den mir Carol Jones, die ich in Bariloche getroffen hatte genannt hatte. Er gehört zur Estancia ihrer Familie und sie war auch zufällig gerade dort mit einer Gruppe Touris. Wir suchten schöne Grasflaechen, um die Pferde anzubinden und badeten schnell und schmerzlos im kalten Bach. Beim Haarewaschen tat der Kopf richtig weh, so kalt war das Wasser. Nach einer Suppe mit Gemuese und Huhn gingen wir schlafen. In der Huette wo sie das Fleisch aufbewahren, konnten wir unser Nachtlager auf zwei Holzpritschen einrichten.
Morgens liessen wir uns Zeit, es hatte nachts gefroren, alles war weiss. Carol versteckte Ostereier fuer die 4 Kinder ihres Angestellten und die 2 der Touris. So hatte ich ein bissel das Gefuehl von Ostern. Erneut ein Tag durch ein rot, orange, gelb, gruene Landschaft bis zur Estancia El Desafío. Auch hier erneut eine unglaublich liebe Gastfreundschaft. Mocho, der Manager und Julia seine Frau empfingen uns wie alte Bekannte. Julia ist Englischlehrerin, so dass Kaja sich auch endlich mal verständigen konnte. Ist schon ein bissel frustierend fuer sie, die Sprache nicht zu sprechen. Abends kamen noch 10 Reiter mit einer Herde von etwa 20 Pferden vorbei und das war ein Anlass ein Lamm zu grillen. Tito, ein Gaucho, der nebenan wohnt, erklärte sich bereit mir zu zeigen wie man schlachtet. Ich hatte ja schon oft zugeschaut, aber diesmal sollte ich lernen wie es geht. Er zeigte mir wo ich das Messer anlegen musste und wie ich das Schaf schnell und schmerzlos ins Jenseits schicken konnte, wie man das Fell abzieht, die Innereien ausnimmt etc. Beim zweiten Schaf war ich dann schon ein bissle eine Hilfe fuer ihn. Das Fleisch wurde ueberm Feuer gegrillt, es gab Bier, Wein und Brot dazu. Was fuer eine tolle Atmosphäre um das grosse Feuer herum. Jeder schneidet sich eine Rippe oder ein Stueck Fleisch ab und klemmt es zwischen ein Stueck Brot. Die Bierflaschen machten immer wieder die Runde und irgendwann holte auch jemand eine Gitarre raus und es wurde gesungen. aber nicht bloss irgendwelche bekannten Lieder, sondern improvisierte Texte, passend zum Ereignis, zum Abend selber und alles in Reimen. Jeder der will, wirft mal ein paar Zeilen ein und geschickt werden auch Witze eingebaut. Gegen 2.30h tanzten wir sogar noch ein bissel zur Gitarre und um 3.30h war ich tot in meinem Bett. Ja Bett! Denn Julia und Mocho hatten uns in ihrem Gästezimmer einquartiert. Die Leute mit der Herde zogen schon am nächsten Morgen um 9.45h weiter, ich war an dem Tag zu nicht viel zu gebrauchen. Lange nicht mehr so viel Bier getrunken.
Es gefiel uns so gut und da unsere lieben Gastgeber es uns anboten blieben wir noch länger. Gestern abend fuhren wir hoch auf einen Berg, wo ein riesiges Kondorkliff ist. Es flogen zwar nur 3 Kondore rum, aber der Blick von dort oben über das Tal, bis zum See von Bariloche, der Himmel goldgelb angestrahlt vom Sonnenuntergang, war tausend Kondore wert. Zumal schon so einige über mir kreisten, als ich mich Mitte Februar verlaufen hatte, ich sie also schon von nahem gesehen hatte. heute fuhren wir mit Julia nach Bariloche und morgen geht es weiter in Richtung Norden. Wir werden sicher San Martin los Andes westlich liegen lassen und eher nahe der Grenze im Nationalpark Junin, auf kleinen Pfaden querfeldein reiten. Netter als der Strasse entlang. Das Leben zu Pferde ist einfach klasse, die Pferde sind fit - klar bei den vielen Ruhetagen... - und ich geniesse die Reise wieder neu, durch die Möglichkeit es mit Kaja zu teilen.
bis bald,
Sasi
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